Zwei Tage und vier Messehallen voller Wasserstoff-Themen
Die Gänge füllen sich schnell, und rund um den Gemeinschaftsstand bleiben viele Besucher stehen. Sie kommen aus Deutschland, aus ganz Europa und von noch weiter her, und sie haben unterschiedlichste Anliegen und Fragen. HyCologne-Projektleiter Dr. Frank Benzel ist Hauptansprechpartner am Stand. Wie immer hat er zwei offene Ohren und fundierte Antworten. Es geht um die Region, um das Netzwerk, um die Projekte. Hin und wieder muss er erklären, dass man bei unserem e.V. nicht einfach so Mitglied werden kann. Es gelten vom Vorstand aufgestellte Kriterien, zu denen zum Beispiel gehört, dass neue Mitglieder die Gemeinschaft stärken und sich in ihrem Portfolio ergänzen. Diese Qualität wollen wir bewahren.
Vorstandsvorsitzender Dr. Albrecht Möllmann ist viel unterwegs. Immer wieder rund um den Gemeinschaftsstand, aber auch quer über die Messe, um Eindrücke zu sammeln und vor allem, um weitere ausstellende Mitglieder zu besuchen. Es gibt viel zu erzählen, einiges an Stimmung einzufangen, neue Projekte und Zeit, um auch mal in die Details zu gehen.
Besuch bei VOSS Fluis/VOSS Automotive
Wir bleiben länger. Key Account Manager Antonio Pace erzählt über Ventiltechnik, Druckregulierung, Transport und Speicherung im Mobilitäts-Bereich. Es geht auch um Betankungsoptimierung, bei der Geschwindigkeit und Wärmeentwicklung in Einklang gebracht werden. Das hat VOSS gerade sogar im Patentverfahren.
“Ventil-Entwicklung lernt man nicht an der Uni”, sagt Projektmanager Dario Mazzola. Wie dann? Durch Erfahrung – und durch Menschen, die diese Erfahrung schon lange sammeln und weitergeben, wie etwa der VOSS-Entwicklungsleiter Wasserstoff Dr. Karl-Heinz Tölle, der aber nicht am Stand ist. Es schwingt viel Respekt bei den Kollegen mit. Tölle habe noch viel “getüftelt” ohne die Technik und Technologie, die ihnen heute zur Verfügung steht. Zum Beispiel der digitale Zwilling, um die Wasserstoffapplikationen so zu testen, wie sie sich unter realen Bedingungen verhalten würden. Erfahrung und Innovation spielen gut zusammen.
“Es gibt nur wenige Spezialisten auf diesem Gebiet”, sagt Dario Mazzola, “und die wissen, was sie machen.”
Warum sie auf der Messe sind? “Nicht nur, um unsere Produkte zu präsentieren. Hauptsächlich wollten wir wissen, wie der Markt so tickt.”
Besuch bei NEA NEUMANN & ESSER
Wir suchen tatsächlich ein wenig, bis wir Ne NEUMAN & ESSER in Halle 4 finden. Der große Stand besteht im Grunde nur aus Parkett, ein paar Stühlen an Tischen und einem kleinen “Turm” in der Mitte mit dem NEA-Logo. “Das ist Absicht” sagt ein wie immer gut aufgelegter Geschäftsführer Jens Wulff und holt erstmal einen Kaffee. “Die Leute fragen uns: Was machen Sie eigentlich?” Tatsächlich fällt es auf, wenn mal nicht alles mit Wort und Bild vollgestellt ist.
Wenn überhaupt dürften das allerdings die wenigsten fragen, denn NEUMAN & ESSER ist bekannt in der Branche: Kompressoren, Elektrolyseure und Reformer und die Beschäftigung mit Wasserstoff seit rund 100 Jahren. Es gibt auch keinen “Tanztee” auf dem Standparkett wie die Besucher scherzen. Stattdessen dient der Raum als “talk corner” und an jedem Messetag gibt es kurze Präsentationen mit Diskussion für die Besucher.
Ansonsten ist Jens Wulff ebenfalls gut gelaunt wegen eines großen Elektrolyseur-Auftrags nach Polen und weiterer guter Aussichten. Daher erlaubt er sich auch wortreiche locker-flockige Kritik rund ums Wasserstoffgeschäft. Hauptsächlich im Bereich Mobilität ginge das alles “viel zu langsam und kompliziert. Da müssen wir schauen, dass die Konkurrenz aus dem Ausland nicht an uns vorbeirennt!”
Buchungen für 2025 in vollem Gange
Besuch bei KölnBusiness
Unser direkter Standnachbar ist die Kölner Wirtschaftsförderung, so dass mit den drei jungen Herren immer direkter Kontakt besteht. Alle drei sind zufrieden mit der Messe. „Die Besucher waren sehr interessiert daran, was in der Region passiert und wohin der Weg geht“, sagt Jan Ertl, Innovationsmanager Green Economy. Es sei gut, einige Player aus der Region direkt am Gemeinschaftsstand zu haben.
Das findet auch sein Kollege Max Thien: „Durch diese Kombination sind wir als Region aufgetreten“, sagt er. „Das hat ausgedrückt, dass die Akteure im Rheinland zusammenstehen.“ Besucher werden gerne auch von einem Stand auf den anderen verwiesen und umgekehrt („Hier ist ein Startup, vielleicht passt das zu HyCologne!“).
Auch wenn sich für den Kölner an sich viel um Lokalpatriotismus und ihre Stadt dreht, so ist Köln doch auch ausgesprochen weltoffen. Das weiß man auch andernorts, und das Interesse an der Ansiedelung internationaler Unternehmen ist groß. Daher fehlt auf dem Foto auch der dritte im Bunde: Sergej Efremov mit dem auf Englisch so schön klingenden Titel „Foreign Investment Advisor“ ist weite Teile des Tages unterwegs um diesbezüglich Gespräche zu führen.
Besuch bei EMCEL
Ebenfalls am Gemeinschaftsstand steht EMCEL mit Geschäftsführer Marcel Corneille und Teamleiterin Lena Maier. Das Ingenierbüro für H2-Technologie und Elektromobilität hat viele Besucher. Aus den Gesprächen am Stand und von Rundgängen haben sie auch einiges an Eindrücken mitgenommen, die über geschäftliche Kontakte hinausgehen.
„Es ist sehr spannend zu sehen, wie viele einzelne Komponenten hinter den großen Themen des Wasserstoffs stehen, wie zum Beispiel der Elektrolyse“, sagt Lena Maier. Bei über 800 Ausstellern kein Wunder – jeder trägt seinen Teil oder sein Teilchen bei.
Marcel Corneille hat in der Vielfalt noch etwas anderes entdeckt. „Hier sind dieses Jahr viele Aussteller, die mit Wasserstoff gar nicht explizit etwas zu tun haben,“ ist ihm aufgefallen. „Sie leisten sich den Stand aber trotzdem.“ Es geht um Produkte, die in vielen Branchen verwendet werden können. „Die H2-Welt ist nicht mehr unter sich“, sagt er. „Das spricht für den Wasserstoff. Das sind positive Signale, dass dieser Markt ernst genommen wird.”
Ebenfalls spannend findet er die „Empfindungen“ der einzelnen Unternehmen bezüglich ihrer eigenen H2-Tätigkeiten. Sie decken sich in großen Teilen auch mit seinen eigenen. „Wir machen viel im Bus- und Flottengeschäft. Da ist es schwierig gerade, alles andere läuft gut.“ Seine Erkenntnis: „Noch vor wenigen Jahren ging es allen gleich gut. Das ist heute nicht mehr so.“
Und die Zukunft des Wasserstoffs? „Für die Erreichung der Energiewende haben wir noch 80 bis 90 Prozent vor uns – auch der Wasserstoff.“
Besuch bei Elogen
Gar nicht so einfach, Geschäftsführer Carsten Krause mal ohne Gesprächspartner zu erwischen am Elogen-Stand. Das Interesse am Thema Elektrolyse scheint ebenso hoch wie die Anzahl an Kontakten und Größe des Netzwerks. Der HyCologne-Projektmanager kommt aber immer gern bei uns um die Ecke vorbei. “Super gelaufen”, sagt er nur zu den vergangenen zwei Tagen.
Das Elogen-Netzwerk ist auch in Bezug auf die Mitarbeiter groß. Gleich sieben verschiedene Nationen sind im Team bei der Messe vertreten: Spanien, Kolumbien, Marokko, Türkei, Japan, Frankreich und Deutschland. “Bei unseren 180 Elogen-Mitarbeitern insgesamt sind es sogar 16 Nationen”, sagt Carsten Krause.
Was bewirkt dieser bunte Mix? “Man ist viel weltoffener unterwegs”, sagt er. “Umgangssprache ist Englisch, sehr unterschiedliche Mentalitäten – und das ist gerade das Spannende!” Auffällig zudem, dass im Elogen-Team im Blick auf die Gesamtmesse überdurchschnittlich viele Frauen sind. “Und die haben’s alle drauf!”, so der Geschäftsführer sehr beeindruckt. “Ich finde das alles total belebend.”
Das Fazit zur Messe, die augenscheinlich ebenso viel Spaß wie Erfolg gebracht hat: “Nächstes Jahr sind wir auf alle Fälle wieder dabei!”
Besuch bei Griesemann
“Das ist ein sehr guter Standort hier auf der Messe”, begrüßt uns Andreas Gassman, Leiter Verfahrenstechnik der Griesemann Gruppe, deren Stand nur durch eine dünne Wand von unserem getrennt ist. “Jeder sieht uns.” Besonders ins Auge fällt beim “Sehen” ein besonderes Modell, denn es gibt Neues zu berichten. “Ziel ist die Herstellung synthetischer Treibstoffe zum Fliegen”, fasst Andreas Gassmann Sinn und Zweck der im Modell abgebildeten Anlage zusammen.
Das DLR Deutsches Zentrum für Luft-und Raumfahrt e.V. hat Griesemann als Generalunternehmer für eine Technologieplattform Power-to-Liquid-Kraftstoffe beauftragt. Die weltweit größte Forschungsanlage soll pro Jahr bis zu 2.500 Tonnen synthetische Kraftstoffe aus grünem Wasserstoff produzieren. Griesemann ist für die Planung und Errichtung beauftragt und empfiehlt sich auch als Betreiber der Anlage im Chemiepark Leuna.
“Großartig, dass in Deutschland die ganze Technologie endlich mal demonstriert werden kann”, sagt er. “Um das Projekt zu realisieren, bringen wir unsere gesamte Expertise aus Engineering und Anlagentechnik ein.” Wir notieren, dieses Projekt auf der HyCologne-Website noch ausführlich vorzustellen.
Was Andreas Gassmann zum Stand der Wasserstoffwirtschaft sagt, hören wir nicht zum ersten Mal. Wasserstoff ist noch viel zu teuer. Die Ungewissheit über die Kosten, über die genaue Definition von grünem Wasserstoff und über die irgendwann verfügbaren Mengen an H2 verhindern die Formulierung von Business Cases.
“Die H2-Pipeline ist extrem wichtig. Per LKW lassen sich keine großen Mengen Wasserstoff transportieren”, sagt Gassmann.
Die Messe war ein voller Erfolg und nächstes Jahr sind wir aller Voraussicht nach wieder mit dabei. Weniger anstrengend wird’s nicht, denn für 2025 ist die Hydrogen Technology bereits auf drei Tage angesetzt. Der Besucherrekord wird jedes Jahr neu gesetzt, erst recht nachdem die Messe dieses Jahr von Bremen nach Hamburg gezogen war. Das macht – wie auch die Beobachtungen der Mitglieder – Hoffnung, dass das Wasserstoff weiterhin ein wichtiger und ernst zu nehmender Markt ist.
Es war viel Innovation und Technologie, viel Engagement und Herzblut zu spüren in diesen beiden Messetagen. Viele offene Fragen und Unsicherheiten hinsichtlich der Rahmenbedingungen führen jedoch in manchen Bereichen zur Verzögerung von Entscheidungen und dem Verschieben oder gar Stopp von Projekten. Was überall zu hören war: Die Rahmenbedingungen sind (noch) zu unsicher. Wir lassen an dieser Stelle nochmal Andreas Gassmann von Griesemann sprechen: “Schön wäre, jeder hätte irgendwann unbegrenzten Zugang zu bezahlbarem Wasserstoff.“
Es wird Zeit brauchen, aber schon jetzt sind viele Menschen und Unternehmen auf dem Weg, den Wasserstoff zu dem zu machen, was er sein kann: Ein wichtiger Faktor für den Klimawandel in Industrie und Mittelstand, in Transport und ÖPNV.